Stay-at-home ist das Szenario der letzten Wochen, welches am Aktienmarkt für neue Höchst- und auf der anderen Seite für Tiefstände gesorgt hat. Profiteure haben ihren Börsenwert exponentiell steigern können, Verlierer sind komplett eingebrochen. Aktuell erleben wir den Beginn einer Änderung dieses Storytellings. Verlierer und Gewinner tauschen ihre Rollen. Warum ist das so?

Stay-at-home von März bis Mai

Home-Office, geschlossene Schulen, leerstehende Universitäten, Bewirtungsverbot in der Gastronomie…wir könnten die Liste endlos fortführen. Alle Maßnahmen haben zu einer Verlagerung des Lebens in die eigene 4-Wände geführt. IT-Lösungen waren gefragt wie nie, Meetings fanden online statt, der Schulunterricht über ein virtuelles Klassenzimmer, Dozenten referierten über Podcasts und das Essen vom Lieblingsitaliener wurde nach Hause geliefert. Die Liste an Profiteuren ist gigantisch, alles was mit Cloud, Videotelefonie und vernetztem Arbeiten in Zusammenhang steht, wurde am Markt gekauft. Mit der gewonnen Freizeit bekam auch die Videospielindustrie kräftigen Aufwind und wer nicht zocken wollte, hat sich mit den vielen Streaming Anbietern lässige Tage machen können. Der Einzelhandel war mit Ausnahme lebensnotwendiger Supermärkte geschlossen. Das hat der E-Commerce Branche ein brillantes erstes Quartal beschert und die Aussichten auf das Q2 sind noch rosiger. Lieferantendienste wurden ebenso stark nachgefragt, denn daheim ist man vor Menschenansammlungen geschützt. Die Verlierer sind alle Branchen, die auf ein freies, öffentliches Leben angewiesen sind. Der Tourismus inkl. der Luftfahrtunternehmen, die Automobilbranche, Ölkonzerne, der Banken- und Versicherungssektor und filialbasierte Geschäftsmodelle, die nicht zur Lebensmittelbranche zählen.

Gewinner und Verlierer

Die Gewinner:

Amazon (E-Commerce und Cloud), Netflix (Streaming), Facebook (soziale Kontakte), Walmart (Handelskette), Sea Limited (Gaming und E-Commerce), Zoom, (Videotelefonie), Microsoft (Cloud und Home-Office Tools), HelloFresh (Lieferdienst), Peloton (stationäres Fahrrad), ShopApotheke (Versand von Medikamenten)

Die Verlierer:

Volkswagen (Automobilbranche), Airbus (Flugzeughersteller), Shell (Mineralölkonzern), Starbucks (Filialkonzept), Eventim (Veranstalter), Tui (Reiseunternehmen), Carnival (Kreuzfahrtkonzern), Hugo Boss (Modeunternehmen), Allianz (Versicherer), Deutsche Bank (Kreditinstitut)

Unternehmensbewertung?! Was ist das?

Der Markt reagierte Ende Februar bis Mitte März mit Panik auf die wachsende Gesundheitskrise des Corona-Virus. Als sich diese Emotion legte, der flächendeckende Ausverkauf gestoppt war, fand man am Aktienmarkt fast ausschließlich nur Verlierer. Die günstigen Kurse nutzten mutige Investoren für den Aufbau erster Positionen für Stay-at-home Player. Die Kurse pendelten in die Gewinnzone und die Gier entfachte, Unternehmen die auf der Gewinnerseite stehen, wurden gekauft, gekauft und gekauft. Die Bewertung spielte keine Rolle. Die Kurse explodierten und erreichten neue Höchststände. Dieser Trend scheint nach etwa 2 Monaten allmählich zu kippen. Eine Kurskorrektur wäre bei vielen Profiteuren nur logisch, bisherige Verlierer können ihr operatives Geschäft nach und nach wieder aufnehmen, sich modernisieren und für derzeit günstige Kurse ein attraktives Anlegerziel darstellen. Der Markt wird sich ein Stück weit wieder ausbalancieren.

Die erste Welle ist überstanden

Die Fallzahlen sinken stetig und man bekommt das Gefühl, die erste Welle haben wir geschafft. Erste Lockerungen kurbeln die Wirtschaft bereits wieder an, lassen ein Stück Normalität in unseren Alltag einkehren. Unter Einhaltung der Hygienekonzepte dürfen wir wieder im Fitnessstudio trainieren, im Restaurant dinieren, im Baumarkt nach neuen Materialien suchen und uns endlich die Haare wieder schneiden lassen. Ja sogar der Sommerurlaub soll möglich sein. Ob eine weitere Infektionskette auf uns zukommt, das hängt ganz von uns selber ab, von jedem Einzelnen. Experten fürchten den Herbst und Winter.

Trends sind temporär

Die Story der letzten Wochen kippt und die bisherigen Verlierer haben jetzt die Chance sich zu erholen. Natürlich wird es Unternehmen geben, die nicht wieder zurückkommen werden. Vapiano beispielsweise war vorher angeschlagen und hat sich innerhalb dieser Krise komplett vom Markt verabschieden müssen. Dennoch, die Menschen haben große Lust, ihr normales Leben zurück zu gewinnen und beispielsweise den gestrichenen Urlaub nachzuholen. Konjunkturpakete sind in Deutschland für Juni geplant, andere große Staaten arbeiten ebenso daran. Das Ziel ist klar, den Verlierern unter die Arme greifen, indem Anreize für mehr Nachfrage geschaffen wird. Auf der Seite der Gewinner werden Kurskorrekturen unvermeidlich sein. Zu hoch sind mittlerweile einige Unternehmen bewertet und zu drastisch wird die Rezession einschlagen. Dennoch, die Menschen haben den Service, die Produkte, das Erlebnis ausprobieren können und ein Teil wird als Kunde erhalten bleiben.

Das Storytelling ist noch nicht zu Ende geschrieben

Die weitere Entwicklung bestimmt das Geschehen der Pandemie und die wirtschaftlichen Auswirkungen. Aktuell verlagert sich der Fokus weg von der Gesundheitskrise, hin zur Wirtschaftskrise. Sollte eine zweite Welle der Infektionen auftreten, so wären die Auswirkungen gravierend und das Storytelling von März bis Mai beginnt von Neuem. Kommt, was ich hoffe, keine neue Welle der Pandemie, so werden die aktuellen Gewinner natürlich auch in Zukunft davon partizipieren können, sofern sie den aktuellen Boost nachhaltig etablieren können. Dennoch, Investoren werden zunehmend wieder fundamentalorientierte Entscheidungen treffen. Daher werde ich zum jetzigen Zeitpunkt definitiv an der Seitenlinie abwarten und auf eine Konsolidierung bei den Profiteuren warten. Angeschlagene Unternehmen könnten kurzfristig über den Sommer profitieren, was danach geschieht, das bleibt die große Unbekannte.

Zalando ist definitiv ein Gewinner, lies dazu unseren Artikel -> Link

Die Aktie der Formel 1 gehört zu den Verlierern, könnte aber schon bald wieder Schwung aufnehmen, hier der Artikel -> Link