Schulden bei Aktiengesellschaften sind ein sehr spezielles Thema bei dem es auf einiges zu achten gilt. Das wollen wir Heute mit dir beleuchten und einige Tipps für den Umgang mit Verschuldung bei der Bewertung deiner Investments geben.

Warum eigentlich Schulden?

Das ist recht schnell und einfach zu beantworten. Weil Schulden günstig sind. Oft ist es sogar sinnvoll das Wachstum mit sehr günstigen Schulden zu finanzieren und das Eigenkapital innerhalb des Unternehmens zu halten. Heute sind aber sehr viele Unternehmen gänzlich auf Schulden aufgebaut. Statt Schulden abzubauen ist es sogar ein wenig zum Trend geworden kategorisch neue Schulden in Form von langfristig zu zahlenden Krediten aufzunehmen. Auch wenn das oftmals nicht unbedingt sein müsste. Einen Kredit aufzunehmen geht auch leichter als nachhaltig Geld zu verdienen. Das bedeutet man kommt schlicht und einfach schneller mit fremden Geld voran.

Welche Arten von Schulden gibt es?

Grundsätzlich können Unternehmen viele Formen von Schulden aufnehmen. Wirklich viele. Daher unterscheide ich selbst (sowie der Großteil der Börse) im wesentlichen zwischen kurzfristigen und langfristigen Verbindlichkeiten.

 1. kurzfristige Verbindlichkeiten

Dies sind eingegangene Verpflichtungen die in ca. einem Jahr beglichen werden sollten. Manchmal auch etwas mehr als 1 Jahr. Da gibt es unterschiedliche Ansichten und Definitionen. Solltest du bei Unternehmen in die Bilanzen schauen, wirst du die internationalen Begriffe wie Current Liabilities finden.

Beispiele für kurzfristige Verbindlichkeiten:

  • Wareneinkauf und Bestellungen bei Lieferanten
  • Dispositionskredite und Kontokorrentkredite
  • Anzahlungen
  • Steuern und Sozialabgaben
  • Überbrückungskredite 

Gerade bei der Prüfung auf Bonität spielen die kurzfristigen Verbindlichkeiten eine sehr wichtige Rolle. Denn sie geben Auskunft über die Liquidität des Unternehmens. Kurz gesagt muss für die Begleichung der kurzfristigen Schulden ausreichend Kapital vorhanden sein. Im Grunde kannst du dir merken, dass das Umlaufvermögen größer sein sollte als die kurzfristigen Verbindlichkeiten! An dieser Stelle besteht etwas Gefahr. Denn sind die kurzfristig auszugleichenden Verbindlichkeiten zu hoch, entsteht ein Liquiditätsengpass. Dass hat zumeist weitere Kreditaufnahme zur Folge. 

2. langfristige Verbindlichkeiten

Diese sind meistens dazu da um langfristige Vorhaben durchführen zu können. Zumeist wird damit Wachstum, oder Entwicklung finanziert. Gerade wenn Übernahmen getätigt werden, geht das oft nicht nur mit eigenem Geld. Diese Verbindlichkeiten haben dann deutlich längere Laufzeiten als 1 Jahr. Sogar bis zu 10 Jahren. Sie werden auch oft Long-term liabilities oder non-current liabilities genannt.

Beispiele für langfristige Verbindlichkeiten:

  • Darlehen /Kredite
  • Hypotheken (Darlehen)
  • Schuldverschreibungen (Anleihen, Wandelschuldverschreibungen)

Langfristige Verbindlichkeiten sind oft die größeren Schulden bei Aktiengesellschaften. Aus diesem Grund muss die Unternehmensführung auch genau auf die Zahlung, sowie die jeweiligen Fälligkeiten der langfristigen Posten schauen. Diese Payroll muss also gut getimed werden. Sonst können wirklich starke Liquiditätsengpässe entstehen. Gerade wenn kurzfristige und langfristige Verbindlichkeiten nahe beieinander fällig werden, wird es für manche Unternehmen schwierig mit der Zahlung. 

Hier siehst du wo die Verbindlichkeiten in der Bilanz zu finden sind! Auf der Passiva Seite. Denn es ist Geld was dir durch einen externen Geldgeber zufließt. Danach steht es zu deiner Verfügung. Zu einem späteren Zeitpunkt muss es aber zurückgezahlt werden,.

Kennzahlen mit denen du prüfen kannst!

 1. Verschuldungsrad: Das ist eine gängige betriebswirtschaftliche Kennzahl die das Verhältnis zwischen dem bilanziellem Fremdkapital und dem Eigenkapital darstellt. Daraus kann man die Finanzierungsstruktur eines Unternehmens ableiten. Je höher der Verschuldungsgrad desto mehr fremdfinanziert ist ein Unternehmen. Meine Faustregel ist, dass der Verschuldungsgrad nicht über dem Verhältnis 2:1 (200 %) liegen sollte. Das bedeutet die Schulden sollten nicht mehr als doppelt so hoch wie das Eigenkapital sein (ausgenommene Branche: Technologie).

Den Verschuldungsrad berechnest du wie folgt: Fremdkapital / Eigenkapital x 100

 2. Liquidität dritten Grades: Auch „Current Ratio“ genannt. Je besser diese Kennzahl, desto liquider ist ein Unternehmen und kann entspannter laufende Verbindlichkeiten zur Fälligkeit bezahlen. Ich schaue dass man hier über 120 %, oder über 1 kommt. Wenn der Wert zu niedrig ist, also unter 100 %, oder 1, dann kann man davon ausgehen, dass es dem Unternehmen sehr schwer fallen wird aus dem laufenden Cashflow die kurzfristigen Verbindlichkeiten zu bezahlen. Das führt entweder zum Verkauf von Anlagegütern, oder neuen längerfristigen Verbindlichkeiten.

Die Formel lautet: kurzfristiges Umlaufvermögen / kurzfristige Verbindlichkeiten x 100 

Es gibt noch einige mehr. Aber man kann sich auch kaputt prüfen. Insgesamt sollte das Unternehmen genug Cashflow für die Bedienung der Verbindlichkeiten aufbringen. Dazu schaue ich mir immer den Durchschnitt der letzten 5-10 Jahre an, damit ich die Entwicklung nachvollziehen kann. An dieser Stelle und mit den beiden vorgenannten Kennzahlen, lässt sich sehr gut die künftige finanzielle Lage abschätzen. Wenn an der Stelle zu viel negativ läuft, wird es für das Unternehmen schwer Schulden abzubauen. Die Folge sind immer höher werdende Zinsbelastungen, die Cashflow und Gewinne fressen.

Was es sonst noch zu wissen gibt!

Zu den Schulden bei Aktiengesellschaften gibt es unendlich viel zu schreiben und zu sagen. Einiges möchte ich anbei noch mitgeben.

Bei Banken bzw. Finanzinstituten ist der Verschuldungsgrad meistens deutlich höher als in der normalen Wirtschaft. Das ist auch normal, denn Banken leihen sich Geld und leihen es an Ihre Kunden wieder aus. Dabei verdienen Sie an der Spanne dazwischen und erwirtschaften nach Abzug der Kosten Gewinne. Dieses Modell muss man also völlig anders betrachten. Hier schaue ich auf die Rücklagen und die Gewinne die mit dem geliehenen Geld erwirtschaften werden. Aber auch die Kundenstruktur ist sehr interessant. Ganz wichtig, schau dir die Krisenjahre an. Welche Bank dort stabil sein konnte, kann es eventuell auch bei zukünftigen Problemen (wenn die Zahlen stimmen).

Grundsätzlich besteht für mich ein extremer Unterschied zwischen einem Unternehmen, das wächst und dafür eine Menge fremdes Kapital benötigt und einem Unternehmen das wächst aber dafür kaum, oder gar kein fremdes Kapital benötigt! Das sieht Warren Buffet beispielsweise ebenso!

Es gibt aber auch strategisch sehr sinnvolle Verbindlichkeiten!

Wenn ein Unternehmen beispielsweise, Wareneinkäufe erst nach zwei Monaten bezahlt, diese allerdings innerhalb von wenigen Wochen verkaufen kann, gewährt der Lieferant effektiv einen zinslosen Kredit. Wer es also schafft ein sehr langes Zahlungsziel ohne Zinsaufschlag bei seinen Lieferanten zu realisieren, kann damit sehr gut arbeiten. Wal-Mart ist hier ein gutes Beispiel. Aber auch Dell hat dies viele Jahre praktiziert.

Auf was ich noch achte!

Wenn du ein Unternehmen bewertest sind natürlich nicht nur die Schulden von Interesse. Ich schaue mir die Branche an, in der sich das Unternehmen tummelt. Innerhalb der Branche analysiere ich Stärken, Schwächen und mögliche Chancen. Außerdem sehe ich mir die Wettbewerber an. Dort sehe ich dann auch wie das Verhältnis der Schulden ist und kann es mit dem Wettbewerb vergleichen.

Auch interessant ist, sich anzusehen was das Unternehmen überhaupt macht. Wie es Geld verdient und was dabei die Produkte, oder Dienstleistungen sind. An der Stelle haben wir schon Beiträge zum Produktlebenszyklus geschrieben. Lies dir das gern mal durch! Produktlebenszyklus Grundmodell und der zweite Beitrag Produktlebenszyklus

Dividendenzahler

Wenn du einen Dividendenzahler analysierst, dann schau dir auch immer die Ausschüttungsquote (Payout Ratio) an. Diese errechnest du wie folgt: Dividende je Aktie / operativer Cashflow je Aktie x 100. Warum ist das wichtig? Unternehmen weisen zwar Gewinne auf, müssen aber oftmals Geld ausgeben um das Umlaufvermögen wieder anzureichern, damit wiederum weitere Geschäfte gemacht werden können. Wenn aus diesen Gewinnen dann einfach die Dividende „blind“ gezahlt wird, kann es passieren, dass die schönen Dividenden teilweise mit Krediten finanziert werden müssen. Für mich ist eine Payout Ration zwischen 20 % und 60 % in Ordnung. Noch höher würde ich nicht gehen, da ich möchte, dass die Dividenden auch wachsen. Das geht in meinen Augen nur werthaltig wenn auch die Umsätze und Gewinne, sowie der free Cashflow mitgeht.

Das Buch von Nicolas Schmidlin habe ich gelesen und für sehr hilfreich empfunden. Er geht auch auf das Thema Schulden bei Aktiengesellschaften ein. Erklärt aber auch sehr gut, was manche Unternehmen tun, um Ihre Geschäftszahlen zu verschönern. Du lernst auf was es zu achten gilt und welche Kennzahlen wirklich wichtig sind. Richtig gut sind die ganzen Fallbeispiele und Gegenüberstellungen verschiedener Unternehmen. Wenn du tiefer in die Unternehmensbewertung einsteigen möchtest, ist das Buch ein must read. 

In diesem Video gehe ich auf das Thema Dividendenkürzungen ein. Es wird auch besprochen, warum diese teilweise sogar sinnvoll sind.

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